
Staatsangehörigkeit: So beeinflusst sie unser Leben
-
Jose Calsina - stock.adobe.com
- 28. März 2025
Wo bist du geboren und wie hat dich dieser Ort geprägt? Wahrscheinlich entscheidend. Auch wenn es dir vielleicht nicht bewusst ist: Die Nationalität beeinflusst uns viel mehr, als wir denken! Warum, erfährst du im Text.
Keine:r von uns hat Einfluss darauf, wo wir geboren werden: Ob wir in Deutschland, Portugal oder Saudi-Arabien zur Welt kommen, entscheidet der Zufall. Dennoch prägt das Land, in dem wir geboren werden, unser Leben in der Regel stark. Wie lebt es sich mit einer Staatsbürgerschaft, die nicht so viele Privilegien bietet wie die deutsche, und wie geht es Menschen, die staatenlos sind? change hat nachgeforscht.
Deutsche Staatsangehörigkeit? Glück gehabt!
Mit welcher Nationalität bist du geboren worden? Wenn du als deutsche:r Staatsbürger:in zur Welt gekommen bist, dann hast du in den Augen vieler Menschen Glück gehabt. Denn die deutsche Staatsbürgerschaft gilt allgemein als Hauptgewinn unter den Staatsbürgerschaften. Deutsche Staatsbürger:innen leben in einer Demokratie, können ihre Regierung wählen, haben einen Sozialstaat, der sie auffängt, wenn es mal nicht so gut läuft, sind krankenversichert und haben außerdem kostenlosen Zugang zu Bildung, um nur einige Vorteile zu nennen.
Mit dem Henley Passport Index die Welt erkunden
Auf dem Henley Passport Index, der die Nationalitäten danach bewertet, wie viele Länder man mit ihnen ohne Visum bereisen kann, liegt Deutschland momentan an dritter Stelle. Mit einem deutschen Pass kann man in ganze 189 Länder weltweit ohne Visum einreisen. Anders sieht es beispielsweise mit der iranischen Staatsbürgerschaft aus. Iraner:innen können aktuell nur in 42 Länder ohne Visum reisen. Auf dem letzten Platz des Henley Passport Index liegt Afghanistan. Menschen aus diesem Land haben weltweit nur in 25 Ländern Visafreiheit.
Staatenlosigkeit: Warum existiert sie überhaupt?
Und wie sieht es mit der Reisefreiheit für Staatenlose aus? Schätzungen zufolge leben etwa 29.500 staatenlose Menschen in Deutschland und bis zu 10 Millionen weltweit. Dabei ist das Recht auf eine Staatsangehörigkeit in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert. Die Gründe für Staatenlosigkeit sind vielfältig. Sie kann damit zusammenhängen, dass die Eltern bei der Geburt keine ausreichenden Dokumente vorweisen konnten oder selbst staatenlos waren. Auch die Diskriminierung von Minderheiten, Kriege oder der Zerfall von Staaten, können eine Rolle spielen. Für in Deutschland lebende Staatenlose gibt es die Möglichkeit, einen sogenannten „grauen Reisepass“ zu beantragen, mit dem sie ohne Visum im Schengen-Raum reisen können.
Staatsangehörigkeit: Nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten
Aber natürlich macht sich die Staatsangehörigkeit nicht nur beim Reisen bemerkbar. Sie beeinflusst unser Leben in vielen Situationen. Obwohl sie sie für die meisten Menschen so zufällig ist, entscheidet sie darüber, welche Privilegien wir haben und welche nicht. Natürlich gehören zur Staatsangehörigkeit nicht nur Rechte, sondern häufig auch einige Pflichten. Wusstest du zum Beispiel, dass es in manchen Ländern nicht nur ein Wahlrecht wie in Deutschland gibt, sondern sogar eine Wahlpflicht?
Die Lage der Demokratie weltweit
Die Privilegien, die mit der deutschen Staatsbürgerschaft verbunden sind, gibt es in vielen anderen Ländern der Welt nicht. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2024 ist die Lage der Demokratie weltweit aktuell auf dem schlechtesten Stand seit 20 Jahren. Von den Entwicklungs- und Schwellenländern wurden 63 als Demokratien eingestuft, 74 dagegen als autokratisch regiert. Viele dieser Staaten sind zudem von einer schlechten wirtschaftlichen Lage und Ungleichheit geprägt. Auch die Ausgrenzung von Minderheiten spielt laut Studie an vielen Orten eine Rolle. Länder wie die Türkei, Algerien oder der Irak gelten als „moderate“ Autokratien.
(Über)leben in einer gemäßigten Autokratie
Wie ist es also beispielsweise, als irakische:r Staatsbürger:in im Irak zu leben? Nach dem völkerrechtswidrigen Einmarsch der USA im Jahr 2003 herrschte dort jahrelang Bürgerkrieg, dem hunderttausende Menschen zum Opfer fielen. Inzwischen ist im Irak, der eigentlich über große Ölvorkommen verfügt, ein relativer Frieden eingekehrt. Doch nur einige wenige profitieren von diesem Ölreichtum.
Vor allem unter den jungen Menschen ist die Arbeitslosigkeit hoch, und obwohl viele einen Universitätsabschluss haben, müssen sie sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten. Sie träumen davon, den Irak zu verlassen und sich anderswo ein besseres Leben aufzubauen, doch das ist gar nicht so einfach. Zum Vergleich: Im Henley Passport Index rangiert der Irak auf Platz 97 - mit der irakischen Staatsbürgerschaft kann man demnach weltweit nur in 30 Länder ohne Visum einreisen.
Staatsangehörigkeit: Prägt uns meist ein Leben lang
Auch wenn der Ort unserer Geburt so zufällig ist, werden wir doch alle in bestimmtes System hineingeboren. Die Philosophin Hannah Arendt hat dies das „Bezugsgewebe menschlicher Angelegenheiten“ genannt. Dazu gehören neben unserem Namen und beispielsweise einem Geschlecht, das uns bei der Geburt zugewiesen wird, auch Faktoren wie die Staatsangehörigkeit, die uns dann meist ein Leben lang begleiten und prägen.
Wie es um die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Transformationen weltweit steht, dazu geben die Expert:innen der Bertelsmann Stiftung regelmäßig Updates im BTI Transformationsindex. Jetzt informieren!