Mentoring mit Wirkung: So geht Bildungsgerechtigkeit

change | Hallo Marvin, was bedeutet Bildungsungerechtigkeit für dich?

Marvin Hiltrop | Um Ungerechtigkeit gut erklären zu können, stellen wir uns einen Hundertmeterlauf vor. Alle stehen zunächst an der gleichen Startlinie; wer kein Vermögen hat oder aus einem bildungsfernen Haushalt kommt, wird gebeten, ein paar Schritte nach hinten zu gehen. Wenn der Startschuss fällt, haben alle das gleiche Ziel, aber für einige ist es viel weiter entfernt als für andere.
 

Was müsste passieren, um das Bildungssystem in Deutschland gerechter zu machen und mehr Chancengleichheit herzustellen?

Es steht und fällt mit einer guten Finanzierung von Bildung – wir sollten uns als Gesellschaft die Frage stellen, was uns die Bildung der nächsten Generationen wirklich wert ist. Wir brauchen mehr Lehrer:innen und Schulsozialarbeiter:innen, aber auch finanzielle Mittel für Bildungsprogramme. Es gibt zahlreiche Projekte wie ROCK YOUR LIFE!, die tagtäglich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten und für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen. Diese Programme müssen stärker gefördert werden, um sie auch in strukturschwache Regionen zu bringen.
 

Was muss man mitbringen, um sich bei euch ehrenamtlich zu engagieren, und für wen ist das Programm geeignet?

Das Programm richtet sich an Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, die sich mit ihrer Zukunft auseinandersetzen wollen – auch wenn sie sich noch nicht sicher sind, wie es weitergehen soll. Das Mentoring-Programm erfordert vor allem Zeit und Geduld auf beiden Seiten, denn eine Mentoring-Beziehung dauert etwa ein Jahr und soll die Jugendlichen aktiv unterstützen. Der Einsatz wird mit wertvollen Erfahrungen und viel Spaß belohnt.
 

Wie bringt ihr die Jugendlichen und die Mentor:innen zusammen?

Eine Mentoring-Beziehung ist etwas Besonderes – deshalb legen wir bei unserem Matching-Prozess großen Wert darauf, auf die Wünsche und Interessen unserer Jugendlichen einzugehen. Vor dem Matching füllst du kurz einen Fragebogen aus: Was sind deine Hobbys, für welche Berufe interessierst du dich, bist du eher schüchtern, möchtest du lieber telefonieren oder dich persönlich treffen? Anhand dieser Fragen suchen wir die perfekten Partner:innen für die Mentoring-Beziehung.
 

Habt ihr eine besondere Strategie, die herkunftsbedingte Nachteile gezielt abbaut?

Unsere Strategie besteht darin, jeden Menschen individuell zu betrachten. Jedes Mentoring-Paar begibt sich auf eine einzigartige Reise. Dabei entdecken die Jugendlichen ihre Stärken, setzen sich mit ihren Schwächen auseinander und lernen ihre eigenen Wünsche besser kennen.

Wie reagieren die Jugendlichen, wenn sie das Programm abschließen und auf ihre Entwicklung zurückblicken – gibt es besondere Rückmeldungen, die euch immer im Gedächtnis bleiben werden?

Oft sind unsere Jugendlichen selbst überrascht, was sie in einem Jahr alles erreicht haben. Was mich gleichzeitig glücklich und nachdenklich macht, ist eine Aussage unserer Jugendlichen, die ich immer häufiger höre: Viele sagen, dass sie im Mentoring-Programm zum ersten Mal wirklich das Gefühl hatten, dass ihnen jemand zuhört und sie ernst nimmt.

Wenn ihr potenziellen Unterstützer:innen nur eine einzige Geschichte erzählen dürftet, um sie von „ROCK YOUR LIFE!“ zu überzeugen, welche wäre das?

Stellt euch eine Frage: Wann hat euch ein Freund, ein Familienmitglied oder ein Weggefährte das letzte Mal in eurem Leben einen Rat gegeben oder euch zum Nachdenken gebracht? Und was wäre passiert, wenn ihr diesen Rat nicht bekommen hättet? Genau das passiert bei ROCK YOUR LIFE! tausendfach ­­– Tag für Tag. Denn wir sind davon überzeugt, dass jeder Mensch ein individuelles Potenzial in sich trägt, das nur entfaltet werden muss.

Vielen Dank für das Gespräch!

Du möchtest mehr darüber erfahren, wie freiwilliges Engagement einen echten Unterschied machen kann? In der 36. Folge des Podcasts der Bertelsmann Stiftung „Zukunft gestalten“ nehmen Malva Sucker und Jochen Arntz ihre Hörer:innen mit auf eine spannende Reise durch die Welt des freiwilligen Engagements. Hör rein!