Darum werden die großen Internetkonzerne immer mächtiger
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Charles Deluvio – unsplash.com/license
- 17. September 2021
Du weißt es vielleicht nicht, aber sie begleiten dich auf Schritt und Tritt und kennen viele deiner Sorgen, Ängste und Geheimnisse. Die Rede ist nicht von deinen Schutzengeln, sondern von Google, Amazon, Facebook und Apple, den sogenannten GAFA-Konzernen. Warum deine Daten für die „Big Four“ so wertvoll sind, vor welche Herausforderungen uns die Monopolisten stellen, und wie ein demokratischeres Internet aussehen kann – change erklärt’s.
Für den folgenden Artikel über die Internetgiganten Google, Amazon, Facebook und Apple müssen wir erst einmal etwas zurückblicken, nämlich gut 1.000 Jahre. Zwischen dem 10. Jahrhundert und der Aufklärung im 18. Jahrhundert wurde die Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung Mittel- und Westeuropas vom sogenannten Feudalismus bestimmt. Der funktioniert – stark vereinfacht beschrieben – so: Ländereien waren allein im Besitz des Königs, der sie an weltliche und geistliche Fürsten vergab, als sogenanntes Lehen. Diese Fürsten waren somit Grundherren und konnten die Ländereien weiter„verleihen“, zum Beispiel an einfache Bäuerinnen und Bauern. Sie konnten das Land bewirtschaften, waren aber größtenteils ohne eigene Rechte dem Willen der Grundherren ausgesetzt. Währenddessen sicherten sich diese mit dem, was die Untertan:innen erwirtschafteten, ihre Macht und führten ein angenehmes Leben. Was hat das mit den Tech-Giganten zu tun?
Tech-Giganten: Die modernen Feudalherren des Internets
Das feudalistische System ist schon lange Geschichte. Allerdings steuert ein gesellschaftlicher Bereich, der in den letzten 20 Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, in eine ähnliche Richtung: das Internet. Die Feudalherren des Internets sind die sogenannten GAFA-Konzerne: Google, Amazon, Facebook und Apple. Sie haben sich in den letzten beiden Jahrzehnten eine Art Monopolherrschaft über das Internet gesichert und bestimmen mit ihren Produkten und Plattformen so ziemlich unser gesamtes Online-Erlebnis, sei es im privaten oder beruflichen Bereich.
Die Macht der Konzerne macht sich auch anders bemerkbar: Monopole sind schlecht für den Wettbewerb, und der sichert den Erfolg der deutschen Wirtschaft. Forscher:innen haben herausgefunden, dass die Dominanz der wenigen „Superstar“-Firmen Löhne drückt und für mehr Ungleichheit sorgt. Corona hat diesen Effekt verstärkt, denn die Tech-Giganten gingen stärker aus der Krise hervor als zum Beispiel klassische Wirtschaftsbereiche wie Industrie und Verkehr.
Das Geschäft mit den Daten
Als Grundherren über ihre Produkte und Plattformen haben die GAFA-Konzerne weitreichende Befugnisse über unsere Daten. Das sichert ihre Stellung und ermöglicht es ihnen, sie weiter auszubauen. Unsere Daten werden gesammelt und dann an andere Konzerne weiterverkauft, die wiederum auf die einzelnen Nutzer:innen zugeschnittene Werbung daraus machen. Du solltest dich also nicht wundern, wenn du auf Google nach neuen Sneakers suchst und ein paar Minuten später passende Werbung in einem deiner Social-Media-Kanäle siehst. Die GAFAs kennen dein Innenleben mit Sicherheit noch besser als deine Familie, deine Freund:innen oder dein:e Therapeut:in. Deine Daten sind der Lohn, den du für die kostenlose Nutzung der Onlinedienste bezahlst.
Konkurrenz-Plattformen werden zermürbt …
Neben dem Sammeln von Nutzer:innen-Daten sichern die GAFAs ihre Stellung außerdem, indem sie versuchen, ihr Monopol auf diejenigen Bereiche auszuweiten, über die sie (noch) nicht bestimmen. Das gelingt ihnen meistens auch. So hat Google beispielsweise zahlreichen Vergleichsplattformen stark geschadet, indem es in seinen Suchergebnissen ein eigenes Preisvergleichs-Feature eingebaut hat.
… oder aufgekauft
Wenn es den „Big Four“ nicht gelingt, Konkurrenz-Plattformen zu zerschlagen oder kleinzuhalten, werden sie kurzerhand aufgekauft und damit Teil des GAFA-Imperiums. Bei einem gemeinsamen Kapital von circa sechs Billionen Euro ist das kein Problem. Das ist zum Beispiel WhatsApp und Instagram passiert: Als die beiden Apps immer größer wurden, während Facebooks Wachstum eher stagnierte, hat Mark Zuckerberg den Messenger und die Plattform kurzerhand gekauft und zu einem Teil von Facebook gemacht. Angeblich hat Zuckerberg nach dem Kauf das Wachstum von Instagram absichtlich verlangsamt, damit Facebook wieder besser dasteht.
Produkte von Apple: Cool, stylish und bequem?
Die meisten von uns besitzen Geräte und nutzen Anwendungen der GAFA-Konzerne. Fast niemand hat Lust, auf sie zu verzichten. Oder möchtest du plötzlich aufhören, auf deinem über Amazon Prime bestellten iPhone mit Google Maps nach dem Weg zu suchen, um dann deinen Freund:innen per WhatsApp deinen genauen Standort zu schicken? Wahrscheinlich nicht. Die Produkte und Angebote der GAFA-Konzerne sind praktisch und gelten besonders im Fall von Apple als stylish und cool. Wer auf sie verzichtet, verliert viele Bequemlichkeiten.
Wie kann die Regulierung der Tech-Giganten funktionieren?
Einige Regierungen haben vor, die Macht der vier Konzerne zu beschränken. So wurden in den USA vier Gesetzesentwürfe vorgelegt, die Maßnahmen zur Regulierung der GAFAs vorsehen. Und auch in der EU gibt es Pläne, die Tech-Giganten in Zukunft ähnlich wie Banken zu regulieren. Wie genau das ablaufen soll, ist allerdings unklar. Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist jedoch getan: Mit dem Digital Markets Act hat die EU im Dezember 2020 ein Gesetz über digitale Märkte verabschiedet, das für faireren Wettbewerb sorgen soll.
Neues Wettbewerbsrecht soll GAFAs stärker sanktionieren
Seit Anfang 2021 hat auch das Bundeskartellamt in Deutschland damit begonnen, die Tech-Giganten stärker zu kontrollieren – und zwar über ein geändertes Wettbewerbsrecht, mit dem wettbewerbsschädigendes Verhalten stärker bestraft werden kann. Dieses Gesetz zwang Amazon bereits, den Marketplace neu zu ordnen und Händler:innen dort mehr Rechte einzuräumen. Auch Apple, Facebook und Google werden vom Kartellamt dahin gehend geprüft, ob die Sammlung von Nutzer:innen-Daten in dem Maße, in dem die Unternehmen sie betreiben, überhaupt zulässig ist.
Das Problem: Bußgelder stören die reichen Konzerne kaum
Inwieweit die Regulierung der GAFA-Unternehmen erfolgreich sein wird, ist unklar. Sie sind nämlich so reich, dass auch Bußgelder sie nicht besonders stören. Durch ihr Machtmonopol haben sie auch im Falle von Sanktionen in der Vergangenheit noch immer einen Weg gefunden, ihre Geschäfte gewinnbringend weiterzuführen. Trotzdem bleibt zu hoffen, dass es der Politik gelingt, das Internet demokratischer zu machen und den „Big Four“ das Machtmonopol zu entreißen.
Wenn einzelne Konzerne den Markt beherrschen, haben Verbraucher:innen das Nachsehen. Doch wie gelingt fairer Wettbewerb? Das Projekt „Produktivität für Inklusives Wachstum“ der Bertelsmann Stiftung widmet sich Fragen rund um Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Auf dem Blog gibt es spannende Beiträge, unter anderem zur Marktmacht der Tech-Giganten.