Warum in Spanien so viele junge Menschen arbeitslos sind
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Barcelona
- Juni 2018
In Spanien sind mehr als ein Drittel aller Jugendlichen zwischen 15 und 24 arbeitslos. Es gibt jedoch Menschen, die etwas dagegen tun – mit einem Konzept, das sogar den spanischen König überzeugt hat.
Die Zahlen sind beunruhigend: Mit einer Jugendarbeitslosenquote von mehr als 34 Prozent gehört Spanien in Europa zu den Schlusslichtern – nur in Griechenland ist die Quote noch höher. Viele junge Spanier*innen jobben in schlecht bezahlten Stellen, müssen auf die finanziellen Reserven ihrer Familie zurückgreifen oder flüchten sich in Schwarzarbeit – und haben auf diese Weise keine Chance, eine stabile Basis für eine berufliche Laufbahn zu schaffen. Wie konnte es dazu kommen?
Finanzkrise trifft auf schwache Strukturen
Das beliebte Urlaubsland wurde besonders hart durch die weltweite Finanzkrise 2008 getroffen. Ausgerechnet die für Spanien so wichtigen Branchen Bau und Tourismus knickten ein. Die Wirtschaft erholt sich seitdem nur langsam, denn die Strukturen sind schwach: So hat der überwiegende Teil der spanischen Unternehmen weniger als 20 Angestellte, es gibt außerdem viele Einzelunternehmen.
Wer überhaupt einen Job bekommt, der muss sich mit einem niedrigen Gehalt begnügen. Mehr als 90 Prozent der neu abgeschlossenen Verträge sind befristet – teilweise sogar nur für einige Tage, Wochen oder Monate. Manche entscheiden sich daher dafür, lieber noch länger an der Uni zu bleiben. In der Folge arbeiten zahlreiche ausgebildete Akademiker*innen später als Kellner*innen oder an der Supermarktkasse.
Zeit, dass sich etwas ändert: Um junge Menschen nicht nur zu bilden, sondern vor allem erfolgreich an Betriebe zu vermitteln, braucht es neue Ausbildungssysteme und eine früh einsetzende proaktive Berufsorientierung. So lautet der Ansatz der Fundación Bertelsmann, die sich vor Ort für die Sache starkmacht.
Als Think-Tank mittendrin
Die Fundación Bertelsmann mit Sitz in Barcelona wurde 1995 von Reinhard Mohn gegründet. Seit 2013 widmet sich die Stiftung den Themen Berufsorientierung und duale Berufsausbildung. Ziel ist es, die Jugendarbeitslosigkeit wirkungsvoll zu bekämpfen und den Übergang von der Schule in den Arbeitsmarkt zu verbessern.
Um die Qualität der in Spanien noch recht neuen dualen Ausbildung langfristig zu gewährleisten, rief die Fundación außerdem mit der Spanischen Handelskammer, dem Arbeitgeberverband CEOE und einer weiteren Stiftung die „Allianz für duale Berufsausbildung“ ins Leben. Das Netzwerk aus Unternehmen, Schulen und Verbänden existiert in Madrid, Barcelona und Andalusien.
Früh den richtigen Weg einschlagen
Von der Fundación Bertelsmann entwickelte Workshops und Infomaterialien für Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen führen alle Beteiligten früher und intensiver an das Thema Berufswahl heran. Bei dem wie ein Spiel aufgemachten Online-Tool MyWayPass treten Teilnehmer*innen eine fantasievolle Reise zu fünf Planeten an, auf der sie ihre beruflichen Träume und Ziele erforschen und dabei auch erste Schritte zu deren Umsetzung planen. Das Angebot ist ein voller Erfolg: Seit Ende 2017 haben 23.000 Schüler*innen und 1.500 Lehrer*innen die digitale Plattform genutzt.
Theorie und Praxis miteinander verbinden
Die duale Ausbildung vereint praktische Berufserfahrung mit theoretischen Hintergründen – das sorgt für eine bessere Qualifizierung und die Möglichkeit, in verschiedenen beruflichen Welten Fuß zu fassen. Mit der „Allianz für die duale Ausbildung“ treibt die Fundación Bertelsmann die Idee des Lernens an zwei Orten – im Betrieb und in der Berufsschule – voran. Während dieser Bildungsweg in Deutschland bereits in den frühen 80-er-Jahren implementiert wurde, gibt es ihn in Spanien erst seit 2012. Die Fundación Bertelsmann konnte mehr als 700 Akteur*innen aus Bildung und Wirtschaft gewinnen: Berufsschulen, kleine und mittlere Betriebe, Firmen, Konzerne und Verbände sowie eine wichtige Gewerkschaft arbeiten gemeinsam daran, die duale Ausbildung mit Leben zu füllen.
Die Idee hat gezündet: Sogar der spanische König Felipe VI. unterstützt das Engagement als Schirmherr.