Raus aus der Energiekrise: Worauf es jetzt ankommt
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Matthew Henry - unsplash.com
- 6. Oktober 2022
Werden wir im Winter im Skianzug zu Hause sitzen, weil wir aus Angst vor einer horrenden Rechnung die Heizung lieber ausgeschaltet lassen? Oder wird am Ende doch alles gut? change zeigt, was in der aktuellen Situation Hoffnung macht.
Besonders Menschen mit geringen Einkommen, Studierende und Rentner:innen fürchten sich davor, die Heizung anzudrehen und zu viel Strom zu verbrauchen, weil niemand so recht weiß, wie teuer das werden könnte. Wie konnte es so weit kommen?
Das Dilemma mit dem russischen Gas
Durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist das russische Gas, das früher noch so zuverlässig durch die Pipelines floss, knapp geworden. Ein Dilemma ist entstanden: Einerseits will Deutschland kein Gas mehr vom Kriegsaggressor Russland beziehen, andererseits sind wir von russischem Gas abhängig. Wladimir Putin ist sich dessen bewusst und versucht, Deutschland zu erpressen, indem er die Gaslieferungen willkürlich verlangsamt oder ganz stoppt, damit Deutschland und die EU die Sanktionen gegen Russland verringern. Weil das Gas dadurch sowohl für Wirtschaft und Industrie als auch für private Haushalte ein immer knapperes Gut wird, wird es immer teurer.
Abschied von klimaschädlichen Energiequellen
Um die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern, ziehen deutsche Politiker:innen deshalb momentan so ziemlich alle Register. Von einer zeitweisen Rückkehr zu Atomkraft und Braunkohle ist die Rede oder davon, Flüssiggas beispielsweise aus Saudi-Arabien, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten zu beziehen. Dabei fällt auf, dass sowohl der Klimaschutz als auch die Menschenrechte in den Hintergrund rücken. Dabei wäre jetzt die perfekte Gelegenheit, um die ökologische Transformation voranzutreiben, sich von den klimaschädlichen und CO2-intensiven Technologien zu verabschieden und sich in Bezug auf Energie weniger von anderen Staaten abhängig zu machen.
Jetzt Wasserkraft, Solar- und Windenergie nutzen!
Um die Energiekrise zu bekämpfen, sollte also weniger die Rückkehr zu alten, klimaschädlichen Energiequellen im Fokus der Anstrengungen stehen, sondern vielmehr die Nutzung klimafreundlicher Technologien wie Wasserkraft, Wind- und Solarenergie. Denn der Klimawandel wird trotz der Energiekrise weiter voranschreiten. Je mehr CO2 wir beispielsweise durch die Verbrennung von Kohle in die Atmosphäre pumpen, desto wärmer wird es auf der Welt und desto mehr unumkehrbare Schäden werden entstehen. Den letzten Hitzesommer, die Waldbrände in ganz Deutschland oder den Starkregen, der momentan ein Drittel Pakistans überflutet, sollten wir nicht einfach ignorieren, sondern als Warnung vor den schlimmen Folgen verstehen, die der Klimawandel haben wird. Denn je länger wir die ökologische Transformation hinauszögern, desto teurer kommt es uns alle zu stehen.
Internationale Kooperation im Kampf gegen Energiekrise und Klimawandel
Dass Deutschland das nicht ganz allein schaffen kann, ist klar. Der Kampf gegen den Klimawandel und die Energiekrise ist weltumspannend. Aber es gibt viele potenzielle Verbündete: Die nordafrikanischen Staaten haben ein riesiges ungenutztes Potenzial, Solarenergie zu erzeugen, und die skandinavischen Länder könnten Deutschland mit Wasserkraft unterstützen. Statt in Autokratien sollten deutsche Politiker:innen lieber in diesen Ländern nach Kooperationspartner:innen suchen und die Energiekrise mit klimafreundlichen Technologien lösen. Gleichzeitig müsste der Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland schneller vorangehen. (Auch wenn es kritische Stimmen gibt, die bestreiten, dass Erneuerbare unseren Energiebedarf decken könnten.)
Fachkräftemangel bremst die ökologische Transformation aus
Ganz so einfach ist es leider nicht, denn der ökologischen Transformation liegt ein großer Stein im Weg: der Fachkräftemangel. Derzeit fehlen im Handwerk in Deutschland etwa 250.000 Arbeitskräfte. Hier muss die Politik mit Bildungsangeboten und Technisierung in einzelnen Bereichen gegensteuern. Wenn das gelingt, wird Deutschland sicherer dastehen, sich aus der Abhängigkeit von autokratischen Staaten lösen und schlagkräftiger gegen den Klimawandel vorgehen können.
Lust auf einen Podcast zum Thema? Thieß Petersen, Volkswirt und Senior Advisor bei der Bertelsmann Stiftung, spricht im Podcast „Zukunft gestalten“ darüber, wie die Energiekrise zur Chance für die ökologische Transformation werden kann.