Sieben Dinge zum Wählen weltweit, die du noch nicht wusstest
-
Niks Ads – stock.adobe.com
- 8. September 2023
In diesem Jahr steht uns ein aufregender Wahlherbst bevor: Unter anderem in Polen, Neuseeland, Argentinien und der Schweiz werden neue Regierungen gewählt. change hat das zum Anlass genommen, um die Regeln und Gepflogenheiten rund um die Wahlsysteme auf unserem Planeten einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Lies unbedingt weiter, wenn dein Allgemeinwissen einen Boost gebrauchen kann!
Weißt du, warum in Gambia mit Murmeln statt mit Kreuzen auf dem Wahlzettel abgestimmt wird, in welchen Ländern Wahlpflicht herrscht und warum in den USA immer dienstags gewählt wird? Antworten auf diese Fragen und weitere kuriose Fakten über Wahlen in aller Welt haben wir für dich recherchiert.
1. Weltweites Frauenwahlrecht? Denkste!
In fast allen Ländern der Welt haben Frauen mittlerweile das gleiche Wahlrecht wie Männer, wenn auch noch nicht besonders lange: Neuseeland war 1893 das erste Land der Welt, das ein Frauenwahlrecht einführte. Als erstes europäisches Land erlaubte Finnland den Frauen ab 1906 den Gang zur Urne. Hierzulande dürfen Frauen erst seit 1918 wählen gehen. Zwei Länder hinken in Sachen Gleichberechtigung bei Wahlen leider weit hinterher: In Saudi-Arabien und im südostasiatischen Brunei besitzen Frauen noch immer kein Wahlrecht.
2. Indien: Wahlen in der größten Demokratie der Welt
In Indien, der weltweit größten Demokratie, gibt es über 900 Millionen Wahlberechtigte. Hier läuft die Stimmabgabe deshalb etwas anders ab als in den meisten anderen Demokratien: Statt nur an einem einzigen Wahltag können die Menschen über mehrere Wochen hinweg ihre Stimme abgeben. Bei den Wahlen 2019 waren die Wahllokale ganze 39 Tage lang geöffnet. Außerdem haben die indischen Wähler:innen die Qual der Wahl aus über 1.000 Parteien, die insgesamt mehr als 8.000 Kandidat:innen aufstellen.
3. Schon mit 16 oder doch erst mit 25: Ab wann ist man wahlberechtigt?
In den meisten Ländern der Welt ist das Wahlalter auf 18 Jahre festgelegt. In einigen Staaten dürfen junge Menschen aber schon mit 16 Jahren ihre Stimme abgeben, beispielsweise in Österreich, Brasilien, Argentinien und Malta. In anderen Ländern ist das Wahlalter höher: Die Taiwaner:innen dürfen erst ab 20 Jahren wählen gehen. Aber es geht noch älter: In den Vereinigten Arabischen Emiraten dürfen sich die Menschen erst mit 25 Jahren an den Wahlen beteiligen.
4. Darum spielen bei den Wahlen in Gambia Murmeln eine Rolle
Um die große Zahl der Analphabet:innen in Gambia nicht von den Wahlen auszuschließen und sie vor Manipulationen zu schützen, wird in dem westafrikanischen Land über ein spezielles Murmelsystem gewählt: Die Wähler:innen werfen ihre Murmeln in den Kandidat:innen zugeordnete Fässer. Beim Einwurf wird den Wahlbeobachter:innen durch ein kleines Glöckchen angezeigt, dass die Stimme abgegeben wurde. So wird sichergestellt, dass jede:r nur einmal wählen kann. Das Murmelsystem funktioniert und gilt als sicher.
5. In diesen Ländern braucht man eine gute Ausrede, wenn man es nicht zur Urne schafft
Ob du am Wahltag deine Stimme abgibst, ist dir in Deutschland selbst überlassen. Das erklärt auch, warum bei der letzten Bundestagswahl 2021 nur 76,6 Prozent der Wahlberechtigten an der Urne erschienen sind. In anderen Ländern sieht das ganz anders aus: In Brasilien zum Beispiel sind alle Menschen zwischen 18 und 70 Jahren verpflichtet zu wählen. Wer es nicht schafft, seine Stimme abzugeben, muss eine Strafe zahlen. Wer die Strafgebühr von umgerechnet circa 7 Euro nicht zahlt, kann wiederum einige wichtige Dokumente nicht beantragen, die man beispielsweise für die Eröffnung eines Kontos braucht. Auch in Australien muss man eine Strafe zahlen, wenn man nicht wählen geht. In Belgien, Griechenland und Luxemburg herrscht ebenfalls Wahlpflicht. Nachteile müssen Nichtwähler:innen dort jedoch nicht (mehr) befürchten. Strafen existieren zwar auf dem Papier, werden aber kaum durchgesetzt. Und trotzdem ist die Wahlbeteiligung konstant hoch.
6. Darum wählen die US-Amerikaner:innen immer dienstags
Fast überall auf der Welt wird am Wochenende gewählt, damit die Menschen genug Zeit haben, ihre Stimme abzugeben. Nur in den USA fällt die Wahl stets auf einen Dienstag. Warum? Grund dafür sind alte Traditionen, die auf die Zeit kurz nach der Unabhängigkeit zurückgehen: Mitte des 19. Jahrhunderts, als die ersten Wahlen in den USA stattfanden, war der Großteil der Menschen sehr religiös. Der Sonntag fiel als Wahltag flach, weil er für den Gottesdienst reserviert bleiben sollte. Da es damals nur wenige Wahllokale gab, musste man auch einkalkulieren, dass viele Menschen mindestens einen Tag für die Anreise brauchen würden, sodass der Montag ausschied. Donnerstags wurde im Feindesland Großbritannien gewählt, von dem man sich unbedingt abgrenzen wollte – der kam deshalb gar nicht erst infrage. Am Freitag mussten Vorbereitungen für den Markttag am Samstag getroffen werden, der ebenfalls als Wahltag entfiel – und so blieben nur Mittwoch und Dienstag übrig. Letztendlich wurde es der Dienstag und der hat sich bis heute gehalten.
7. Bequem und barrierefrei in die Zukunft: Hier wird online gewählt
Vielerorts müssen die Menschen noch selbst ins Wahllokal gehen oder zumindest ihre eigenen vier Wände verlassen, um die Briefwahlunterlagen in den Briefkasten zu werfen. Nicht so in Estland: Als erstes Land weltweit können die Menschen hier ihre Stimme bequem online abgeben. In Frankreich, Panama und Pakistan haben Menschen, die im Ausland leben, ebenfalls die Möglichkeit, online zu wählen. Auch Australien hat erste Schritte in diese Richtung unternommen und eine Online-Wahlmöglichkeit für Menschen mit Behinderung eingeführt. Blinde und sehbehinderte Menschen können sich die Wahlmöglichkeiten mit dem Screenreader vorlesen lassen und ihre Stimme abgeben, ohne dass dabei das Wahlgeheimnis verletzt wird.
Freie Wahlen gehören zu den wichtigsten Instrumenten einer Demokratie. Aber wie können sich die Bürger:innen in Deutschland und der EU auch jenseits von Wahlen politisch und gesellschaftlich einbringen? Damit beschäftigen sich die Expert:innen der Bertelsmann Stiftung im Projekt „Demokratie und Partizipation in Europa“.