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change Magazin – Das Magazin der Bertelsmann Stiftung

Augmented Reality: Wie AR-Apps und -Glasses die Realität erweitern

Das Foto zeigt eine Hand, die ein Smartphone vor eine Kommode hält. Auf der Oberfläche erscheint mittels Augmented Reality ein Designobjekt in Form einer Holzskulptur. UNIBOA – unsplash.com/license

Worin steckt überall Augmented Reality?

  • UNIBOA – unsplash.com/license
  • 06. Januar 2022

Bei dem Begriff Augmented Reality (AR) denkst du an Science-Fiction-Filme, die in einer fernen Zukunft spielen? Die Zukunft ist aber jetzt. change zeigt dir, warum AR längst ein fester Bestandteil unseres Alltags ist und wie sie unser Leben noch mehr prägen wird.

Stell dir vor, du würdest morgens etwas verschlafen zum Bus laufen und plötzlich einen Tiger auf dich zukommen sehen. Ein gigantischer Roboter, der die Häuserblocks überragt, kreuzt deinen Weg oder ein Tentakel schießt aus dem Bordstein und reißt eine Person mit sich in den Untergrund.

Wenn die Bushaltestelle verrücktspielt

Genau das ist Menschen in London an einer Bushaltestelle passiert. Dabei sind allerdings nicht die Figuren aus einem Science-Fiction-Thriller lebendig geworden, sondern ein Getränkehersteller hat sich zu Werbezwecken einen Augmented-Reality-Prank erlaubt. Eine Scheibe der besagten Bushaltestelle wurde dafür in einen Screen umfunktioniert, der den Eindruck erweckt, dass dahinter die verrücktesten Dinge passieren:
 


Erweiterte Realität prägt schon jetzt unseren Alltag

Mittels Augmented Reality können wir uns in Fantasiewelten versetzen lassen, Dingen begegnen und Erfahrungen machen, die wir vor einigen Jahren kaum für möglich gehalten hätten. Heute kommt Augmented Reality (zu Deutsch: erweiterte Realität) in vielen Bereichen zum Einsatz: Gaming, Navigation, Kunst oder Suchanfragen bei Google:
 


Was unterscheidet Augmented von Virtual Reality?

Unsere gelebte Realität wird durch AR erweitert oder ergänzt. Um das wahrzunehmen, brauchen wir eine Hardware – ein Handy, Tablet oder eine Brille – und eine Software bzw. App, die die erweiterte Realität generiert. Auf dem Display sehen wir dann das, was wir außerhalb des Bildschirms wahrnehmen, mit virtuellen Elementen ergänzt. Diese Elemente passen sich an, wenn wir uns bewegen. Bei Virtual Reality handelt es sich dagegen um eine Realität, die nicht mit unserer gelebten Welt abseits von Bildschirmen verknüpft ist, zum Beispiel um Computerspiele, die komplett in Fantasiewelten auf dem Screen stattfinden. Vermischen sich AR und VR, spricht man auch von Mixed Reality.

Alles nur Spielerei?

Die meisten von uns haben spielerisch Erfahrung mit AR gesammelt. Sicherlich hast du schon Instagram-Filter ausprobiert (oder vielleicht sogar selbst erstellt) oder Pokémon GO gespielt. Doch es gibt auch ganz praktische AR-Anwendungen, die nicht nur dem Zeitvertreib dienen, sondern Zusatzinformationen bieten und Handlungen erleichtern. Du kannst dich beispielsweise mit Live View von Google Maps ans Ziel führen lassen oder Möbel virtuell in deinem Zuhause ausprobieren.
 


Augmented Reality kann beim Lernen helfen …

Augmented Reality wird auch zur Wissensvermittlung eingesetzt. So verschaffen Apps wie SkyView Lite Orientierung am Sternenhimmel und erklären die verschiedenen Sternbilder und Galaxien. Auch im Studium kann AR Anwendung finden: Studierenden erleichtert erweiterte Realität zum Beispiel das Verständnis von Molekülen. Mit Chemie-AR-Apps kann man Formeln scannen und daraus 3D-Modelle generieren.

… und uns mit der Vergangenheit verbinden

Doch AR ist nicht nur ein Weg in die Zukunft, sondern erlaubt uns auch einen besseren Zugang zur Vergangenheit. Ein AR-Entwickler aus Japan beschäftigt sich beispielsweise damit, wie man Stadtbilder aus der Vergangenheit mittels AR wieder aufleben lassen kann, sodass es sich anfühlt, als würde man in früheren Zeiten durch die Straßen schlendern:
 


Vom Spielzeug zum Werkzeug: Augmented Reality in der Industrie

Auch für die industrielle Fertigung wird AR immer wichtiger. Sie kann dabei helfen, Arbeitsabläufe als Schritt-für-Schritt-Anleitung darzustellen oder in Lagerhallen besser zu navigieren. Das kann zu mehr Sicherheit in der Fertigung führen und das Auffinden von Bauteilen erleichtern. Mit einer AR-Brille oder auf einem Bildschirm sieht man virtuelle Zusatzinformationen, die sich perspektivisch anpassen, je nachdem, wie man sich bewegt. Die Autoindustrie beispielsweise nutzt erweiterte Realität, um den Produktionsmitarbeiter:innen anzuzeigen, welches Bauteil an welcher Stelle eingesetzt werden muss – oder wie weit eine Schraube gedreht wird:
 


Kunst und Augmented Reality

Sogar die Kunstwelt hat AR mittlerweile für sich entdeckt: Bis Februar 2022 findet im NRW-Forum in Düsseldorf die weltweit erste AR-Biennale statt. Dabei werden AR-Skulpturen von verschiedenen Künstler:innen ausgestellt, die man im Hofgarten Düsseldorf über eine App besichtigen kann. Auf dem Handyscreen schwebt dann zum Beispiel die AR-Skulptur des Künstlers Jeremy Bailey, eine riesige silberne Bohne, über einer leeren Wiese oder ein roter Wurm schlängelt sich über einem Blumenbeet durch die Luft.
 


Zukunft der Augmented Reality

Wissenschaftler:innen gehen davon aus, das Augmented Reality in nicht allzu ferner Zukunft vermehrt abseits von Handys oder Tablets stattfinden wird. Die Hardware soll durch verbesserte Brillen und perspektivisch durch Kontaktlinsen ersetzt werden. Wir steuern unsere Interaktionen dann, indem wir unsere Augen hin- und herbewegen. Es könnte sogar sein, dass wir eines Tages überhaupt nicht mehr auf eine spezielle Hardware angewiesen sind und die Fantasiewesen aus dem eingangs vorgestellten Bushaltestellen-Prank einfach unter uns leben. VR, AR und unsere reale Welt würden sich dann immer mehr miteinander vermischen. Mit den Plänen zum Metaverse arbeiten Technologiekonzerne weltweit gerade eifrig an der Erschaffung einer solchen Welt.

Wie schnell die Technik sich auch entwickelt, die Ethik muss dabei Schritt halten. Mit dem Projekt „Ethik der Algorithmen“ setzt sich die Bertelsmann Stiftung dafür ein, dass technische Entwicklung den Menschen immer im Blick behält. Nicht das technisch Mögliche, sondern das gesellschaftlich Sinnvolle muss Leitbild sein.