Aserbaidschan: Sieben Dinge, die du noch nicht wusstest
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tokyotiger – flickr.com, CC BY-NC 2.0 (creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0)
- 20. Dezember 2021
Aserbaidschan ist das bevölkerungsreichste Land im Südkaukasus: Hier leben rund zehn Millionen Menschen. Das ist mehr als in den Nachbarstaaten Armenien und Georgien zusammen. Und auch politisch unterscheidet sich Aserbaidschan von seinen kaukasischen Nachbarn.
Aserbaidschan ist eher für Negativschlagzeilen bekannt: Korruption, Öl, Krieg. Doch lässt sich das Land nicht allein darauf reduzieren. change präsentiert dir sieben Fakten über den Kaukasusstaat, die du vielleicht noch nicht wusstest.
1. Aserbaidschan hat den Euro
Na ja, nicht ganz, aber die Geldscheine sehen so aus. Schuld ist der Designer, in diesem Fall Robert Kalina, der auch die Eurobanknoten entworfen hat.
2. Aserbaidschans spektakuläre Hauptstadt-Architektur in Baku
Nationale und internationale Top-Architekt:innen wie Zaha Hadid haben das moderne Stadtbild der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku geprägt. Besonders eindrucksvoll sind neben Hadids Heydar Aliyev Center der SOCAR Tower, das Teppichmuseum, das aussieht wie ein eingerollter Teppich, und die Flame Towers. Letztere symbolisieren das Feuer, das in Aserbaidschan – dem „Land des Feuers“ – eine große Rolle spielt. Neben Hunderten Schlammvulkanen gibt es hier auch seit dem Altertum brennende Erdgasfeuer, zum Beispiel den Yanar Dağ, was so viel wie „brennender Berg“ bedeutet.
3. Stalins deutscher Top-Spion wurde in Aserbaidschan geboren
Der Spion Richard Sorge wurde 1895 in einem Vorort von Baku im heutigen Aserbaidschan geboren. Sein Vater war ein deutscher Ingenieur, der auf den Ölfeldern von Baku arbeitete. Aufgrund seiner spektakulären Einsätze für den sowjetischen Geheimdienst während des Zweiten Weltkriegs wird Richard Sorge auch „Stalins James Bond“ genannt. Er hat unter anderem wichtige Informationen über den bevorstehenden deutschen Überfall auf die Sowjetunion und den japanischen Angriff auf Pearl Harbor herausgefunden. In Baku erinnert ein gruseliges Denkmal an ihn, das tief in seine Augenblicken lässt.
4. Aserbaidschans Hauptstadt Baku wurde auch „die schwarze Stadt“ genannt
Die Brüder Robert und Ludvig Nobel – Verwandte des Nobelpreis-Stifters Alfred Nobel – machten ab 1878 mit aserbaidschanischem Erdöl ein Vermögen. Die Region um die Hauptstadt Baku ist reich an Ölvorkommen, auf den Ölfeldern wurde zeitweise fast die Hälfte der weltweiten Ölproduktion gefördert. In Baku bauten die Nobels die Villa Petrolea, in der heute das Nobel-Museum untergebracht ist. Aufgrund der Umweltverschmutzung durch die Ölförderung nannte man Baku auch „die schwarze Stadt“.
Das Erdöl ist Fluch und Segen zugleich: Segen, weil es lange Zeit viel Geld für den Staat bedeutete; Fluch, weil es abhängig macht. Als die Ölpreise 2014 in den Keller fielen, geriet die aserbaidschanische Wirtschaft ins Taumeln. Es gab Massenproteste, weil das Geld immer weniger wert war, die Preise für Lebensmittel stiegen enorm. 2016 und 2017 lag die Inflation bei mehr als 12 Prozent. Mit dem Ende des Ölbooms musste Aserbaidschan seine Wirtschaft breiter aufstellen und will nun mehr in anderen Bereichen wie Technologie und Innovation vorankommen.
5. Keine freie Presse und massive Korruption
Auf dem World Press Freedom Index belegt Aserbaidschan nur Platz 167 von 180 Staaten. Journalist:innen und Blogger:innen werden erpresst, verfolgt, ins Gefängnis geworfen und zum Schweigen gebracht. Viele leben im Exil. Von den 2021 weltweit 35 getöteten Journalist:innen waren zwei aus Aserbaidschan, sie starben im Bergkarabach-Konflikt, über den du mehr im nächsten Punkt erfährst. Doch nicht nur durch die Gängelung der Presse bekräftigt das autoritäre Regime sein negatives Image.
Das autoritäre Regime nimmt auch auf anderen Wegen Einfluss. Aserbaidschan betreibt seit Jahren eine sogenannte „Kaviar-Politik“, zu der beispielsweise teure Geschenke und Reisen für Politiker:innen im Europarat und im Deutschen Bundestag gehören. Recherchen des VICE Magazins haben aufgedeckt, dass Bundestagsabgeordnete der CDU/CSU-Fraktion in einen Korruptionsskandal verwickelt sind, zu dem bis heute ermittelt wird. Die Studie „Bekämpfung und Prävention von Korruption in Armenien, Aserbaidschan und Georgien“ der Bertelsmann Stiftung beschäftigt sich damit, welche Bedeutung Bekämpfung und Vorbeugung von Prävention für Demokratie und Rechtsstaat haben.
6. Aserbaidschans Grenzen: Zwischen kaltem und heißem Krieg
Immer wieder kommt es zu Gewalt im umstrittenen Gebiet Bergkarabach. Die Region wird von Aserbaidschan und seinem Nachbarland Armenien gleichermaßen beansprucht. Dort existiert die nicht international anerkannte Republik Arzach, in der fast ausschließlich Armenier:innen leben. Schon zu Sowjetzeiten war Bergkarabach ein autonomes Gebiet. Nach dem Zerfall der Sowjetunion begann der Konflikt zu eskalieren, Armenien und Aserbaidschan führten einen blutigen Krieg, der 1994 mit einer Kontrolle Armeniens über das Gebiet endete. Seitdem flammt der Konflikt immer wieder auf. 2020 eroberte Aserbaidschan große Teile Bergkarabachs zurück. Der Waffenstillstand wurde seither immer wieder gebrochen und gipfelte im Mai 2021 in einem neuen Grenzkonflikt.
7. Aserbaidschan war der erste säkulare Staat, der mehrheitlich muslimisch ist
Im Mai 1918 wurde die Aserbaidschanische Demokratische Republik ausgerufen. Aserbaidschan war damit der erste mehrheitlich muslimische Staat, der demokratisch war und nicht auf muslimischen Überzeugungen gründete. Als einer der ersten Staaten weltweit führte Aserbaidschan 1918 das Frauenwahlrecht ein – im gleichen Jahr wie Deutschland und als erster mehrheitlich muslimischer Staat überhaupt.
Was macht gute Nachbarschaft aus? Das Projekt „Strategien für die EU-Nachbarschaft“ der Bertelsmann Stiftung sucht nach Wegen für eine erfolgreiche europäische Nachbarschaftspolitik. Das Ziel: Sicherheit, Wohlstand und Stabilität sollen auf beiden Seiten gewährleistet werden.