Arbeit im Umbruch: Was sind die Jobs der Zukunft?
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Unsplash/headway
- 08. Oktober 2018
Werden wir in Zukunft von Maschinen ersetzt? Zwar geht der Trend zur Automatisierung, aber einige Branchen werden ohne uns nicht auskommen. change sprach mit Zukunftsforscherin Cornelia Daheim darüber, welche Jobs morgen besonders wichtig sein werden.
Cornelia Daheim
… ist seit 2000 beratende Zukunftsforscherin, seit 2014 leitet sie ihr Unternehmen Future Impacts. Zu ihren Kunden zählen zum Beispiel Evonik, Siemens, Aktion Mensch oder auch das Europäische Parlament und die Europäische Kommission. Sie ist Präsidentin des Foresight Europe Network und gilt nach zwei unabhängigen Influencer-Analysen als „one of the world’s leading women futurists“. Seit 2003 leitet sie als Vorsitzende ehrenamtlich den „German Node“ des Millennium Project, der weltweit größten NGO der Zukunftsforschung.
change | Frau Daheim, die Digitalisierung hat vieles in der Arbeitswelt verändert. Aber was ist konkret anders?
Cornelia Daheim | Zwar reden alle über „die Digitalisierung“, aber oft bleibt der Begriff abstrakt. Wenn man genau hinschaut, wird klar, was gemeint ist. Zum Beispiel beim Einkaufen: Inzwischen gibt es überall Selbstbedienungskassen, die vor zehn Jahren noch nicht da waren. Diese sogenannten Routinetätigkeiten können mittlerweile maschinell übernommen werden. Der andere Aspekt der Digitalisierung ist etwas unsichtbarer. In fast allen Berufen werden digitale Hilfen genutzt, zum Beispiel im Gesundheitsbereich, wo man Aktendaten nicht mehr auf Papier speichert, sondern digital. Generell gilt: Alle Arbeiten, die maschinell erledigt werden können, werden auch maschinell gemacht. Dadurch verschiebt sich der Arbeitsmarkt. Es gibt eine höhere Nachfrage für Tätigkeiten mit niedriger und sehr hoher Qualifikation, aber weniger Nachfrage für mittlere Qualifikation. Im Fachjargon nennt man das „Polarisierung“.
Welche Fähigkeiten werden denn dann für die nächste Generation von Arbeitnehmer*innen besonders wichtig sein?
Dadurch, dass die Digitalisierung alle Bereiche durchdringt, schadet es nicht, etwas mit IT oder digitalen Skills zu lernen. Wer damit kompetent umgehen kann, ist klar im Vorteil. Aber natürlich müssen wir nicht alle Informatik studieren. Eine Schlussfolgerung aus der Studie „2050: Die Zukunft der Arbeit“ war, dass es einen viel schnelleren Wandel der Arbeitsbereiche gibt. Man lernt nicht mehr einen Beruf und übt ihn bis zum Rentenalter aus. Es ändert sich schneller, was man können muss. Man muss also in einer Art kontinuierlicher Weiterbildung bleiben.
Heute arbeitet man außerdem häufig auch mit Menschen außerhalb der eigenen Firma oder Organisation zusammen. Man muss einerseits viel mehr kommunizieren und kooperieren können, andererseits muss man sich selbst steuern. Das nennt man Selbststeuerungskompetenz, also zu schauen: Was verändert sich, was muss ich lernen? Und das auch selbsttätig, ohne dass mir die Chefin oder der Chef sagt, dass ich mich weiterbilden soll. Das geht auch online ganz gut.
In welchen Bereichen sind solche Weiterbildungen besonders sinnvoll und wie können sie aussehen?
Der Begriff der Weiterbildung ist etwas irreführend. Er impliziert, dass ein Beruf einmal ordentlich gelernt wurde und dann nur noch ein paar Zusatzqualifikationen erworben werden müssen. Mittlerweile sieht es aber so aus, dass man etwas lernt und schaut, in welchem Beruf diese erlernten Fähigkeiten anwendbar sind. Dann ändern sich die Anforderungen des Berufs und man lernt mit. Im besten Fall ist man vorne dran und prägt den Beruf und die eigene Stelle mit. Statt „Weiterbildungen“ zu besuchen, geht es also eher darum, kontinuierlich im und neben dem Beruf zu lernen. Die Grenzen zwischen Arbeit und Lernen werden verschwimmen. Was ich jeder Person raten kann, ist, alles zu machen, was die Selbststeuerungskompetenzen fördert – also Selbstorganisation, Selbstmanagement, Kommunikation, Kooperation. Damit kann man auch grundsätzlich besser mit Wandel umgehen.
Stichwort Wandel: Wie muss sich das Bildungssystem verändern, um junge Menschen auf eine Arbeitswelt im Umbruch vorzubereiten?
Das Bildungssystem in Deutschland funktioniert im Kern so: Wir wissen, welche Berufe in zehn, zwanzig Jahren gefragt sind und darauf bilden wir hin. Es betont das On-the-job-Lernen noch nicht stark genug. Das ist sicherlich auch eine Folge der Bologna-Reform, die bei allem Positiven auch zu einer starken Verschulung der Hochschulausbildung beigetragen hat. Das steht im Widerspruch zu dem, was der Arbeitsmarkt gerade fordert – nämlich dass man auch zügig umschalten kann, wenn zum Beispiel im eigenen Berufsfeld Prozesse schneller automatisiert werden als angenommen. Da hinkt das Bildungssystem noch hinterher.
Können Sie uns zum Schluss noch verraten, welche Berufe in Zukunft besonders gefragt sein werden und warum?
Das ist ein wenig wie in die Glaskugel schauen, ich kann natürlich nicht die Top 10 der Berufe im Jahr 2030 präsentieren. (lacht) Man kann zwar sagen, dass die Nachfrage im IT-Sektor steigt. Aber auch personennahe Dienstleistungen werden zunehmen, weil man so etwas schlecht automatisieren kann. Ich denke da an die Altenpflege. Das ist sicherlich nicht der Beruf mit den größten Verdienstchancen, und aus meiner Sicht steht da auch noch eine gesellschaftliche Umverteilung aus. Aber Berufe, in denen Empathie gefragt ist, werden wichtig bleiben und wichtiger werden, genauso wie Bereiche, in denen besondere Kreativität gefragt ist. Denn das kriegen Roboteralgorithmen nicht hin.
Mehr zum Thema „Zukunft der Arbeit“? Die Bertelsmann Stiftung erforscht den globalen Megatrend Digitalisierung und seine Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Vor welchen konkreten Herausforderungen wir schon heute insbesondere in den Unternehmen stehen, darüber informiert das Projekt „Betriebliche Arbeitswelt in der Digitalisierung“.